Sehr interessante Diskussion. Ich persönlich denke, dass viele oberflächliche Betrachter (meine jetzt keinen von uns) es verfehlt haben, zu verstehen, was genau diese erfolgreichen BGs "mit denen wir aufgewachsen sind" ausgemacht hat. Ich denke, dass die große Mehrheit der Spiele die jetzt rauskommen, mit der Super-3D-Grafik usw keine BGs im usprünglichen Sinne sind. Einige mögen sagen, ach das Browsergame-Zeitalter ist vorbei. Wer das sagt, der hat nie realisiert was ein BG wirklich ausmachte, woher dieser Reiz wirklich kam.
Browsergames, klassische Browsergames haben sich m.E. durch die Kombination (!) folgende Eigenschaften charakterisiert:
1. Serverseitige Langlebigkeit: Was man aufbaute war da, es existierte unabhängig davon ob mein PC an war, ob ich in der Schule war oder schlief.
2. MMOG: Ebenso hatte ich eine meschliche Community um mich herum, die auch durchgehend um mich herum existierte. Man baute Beziehungen, gute und schlechte auf, die für längere Zeit andauerten. Hinzu kommt, dass man auf Grund der Natur dieser Community einen Ruf zu verteidigen hatte, noch mehr als bei MMORPGs.
3. Der (meißtens vermeintliche) Eindruck es sei ein Casual Game: Ich muss nicht stundenlang vor dem PC hocken und mir irgendwas anhören, sondern kann immerwieder zwischendurch reinschnuppern.
4. Das Strategische: Man musste mittel- und langfristige Entscheidungen treffen, es kam darauf an strategisch geschickt zu handeln, sich mit den richtigen Leuten zu verbünden. Man trug "erwachsene" Verantwortung, aufeinmal handelte man mit Waren im Wert von Tausenden Goldmünzen ;)
5. König sein (bzw werden), Befehle geben und nicht ausführen: ergänzend zu Punkt 4, es kommt wirklich nur auf die klugen Entscheidungen an. Ich habe nicht 3 Bauer zum leeren Feld geschickt um dort ein Dojo zu bauen, oder mein Schiff selbst gesteuert um die Ware zum Händler zu bringen etc.. dieser ganze Kleinscheiss interessierte mich nicht, darum kümmerte sich das System, aber ich gab einfach nur die Befehle, wie ein König.
Wenn ich nichts außer Acht gelassen habe, so war es die Kombination dieser Eigenschaften, die Schüler, Erwachsene, Studenten und Lehrer dazu bewegte solche Spiele zu spielen. Die junge Menschen um 4 Uhr nachts aufstehen ließ um einen groß angelegten gut bezahlten Söldnerauftrag auszuführen ;)
Ich betone die Kombination, weil sich diese genannten Punkte in verschiedenen Spielearten wiederfinden, jedoch nicht in dieser Zusammenstellung. Und ich glaube ganz fest daran, dass die Grafik nicht zu diesen Pkten gehört, die ein klassisches BG ausmachen. Natürlich würden nur wenige heute noch ein Spiel spielen, das nur noch aus Tabellen besteht, aber nicht weil Ihnen die Spielgrafik nicht gefällt, sondern weil es einen unprofessionellen Eindruck auf das Spiel macht. Bei einem klassischen BG dient die Spielegrafik primäer dem Eindruck der Professionalität, aber wahrscheinlich nur sekundär dem "In-eine-fremde-Welt-Entführung-Effekt", da ist ein gutes Balancing 100-mal wichtiger als die Grafik.
Diese ganzen Seafight-like Spiele die danach rausgekommen sind, wo man live das Schiff bewegen muss und so ein scheiss, also was heißt "so ein Scheiss", das hatte natürlich auch seinen Markt. Nur ich persönlich hatte keinen großen Spaß an Seafight, aber mein 11-jähriger Bruder schon, der ging Perlen fischen statt Hausaufgaben zu machen. Den 27-jährigen Studenten hat Seafight wohl kaum interessiert.
Viele denken vielleicht noch als sechsten Punkt müsste man die Nichtkommerzialität erwähnen, weil wir gesehen haben wie viele Games Teile ihrer Community verloren, nach dem Geld ins Spiel kam. Aus meiner Erfahrung glaube ich, dass der Fehler den viele Games gemacht haben, nicht der war, dass sie Geld ins Spiel brachten sondern, wie sie es taten.
Um auf die Diskussion des Trends zurückzukommen, denke ich, dass wir uns überlegen müssen, wie wir diese Kernessenzen eines klassischen Browsergames, die von den großen Firmen Gott sei Dank totgeglaubt sind, in eine zeitgerechte Form verpacken, ohne die Essenz zu entstellen. Dafür müssen wir uns unter anderem näher mit der eigentlichen Zielgruppe beschäftigen, überlegen was technisch gegeben sein muss im Zeitalter von 3G und Smartphones etc... vieles über das man sich Gedanken machen muss, frei von dem ursprünglichem Drumherum.
Ich bin gespannt auf den weiteren Verlauf der Diskussion.