@Dhyani:
Ich glaube du legst deinen Argumentationsschwerpunkt zu sehr auf die technische Seite. Ein Browsergame ist kein reines technisches System, sondern ein soziotechnisches System.
Geht man von einem technischen System aus, ist es tatsächlich völlig egal ob n Accounts von einem Menschen oder m Menschen gesteuert werden. In soziotechnischen System sieht es anders aus. Gerade in kompetitiven Spielen mit Interaktionsmöglichkeiten einzelner Spieler besitzt ein Spieler mit mehr als einem Account immer Vorteile.
Du betrachtest den Fall einer Konfliktsituation: 1 Spieler mit 2 Accounts gegen 2 Spieler mit je einem Account. Hier ist die Sache, je nach Spielprinzip natürlich, oft ausgeglichen. Der Multi kann gezielter und ohne Kommunikationsprobleme agieren, dafür hat er einen begrenzteren Zeitslot.
Das ist aber nur ein Fall von vielen und zudem auch eher ein theoretisch interessanter Fall.
In der Realtität sieht die Situation oft anders aus:
Multispieler bedienen der Vorteile einer Gruppe genauso wie der Vorteile der Multi-Accounts. Sie spielen auch in Gruppen.
Folgender Fall ist praxisnäher:
Eine Gruppe mit 20 Accounts besteht aus 14 Spielern. Die konkurrierende Gruppe besitzt ebenfalls 20 Accounts, besteht aber aus 20 Spielern, also keine Multis.
Beide Gruppen besitzen die Vorteile einer Gruppe in Bezug auf die verfügbare Abdeckung des Tages mit Online-Zeit.
Bei der Gruppe mit Multis besteht aufgrund der Account-Konzentration ein leicht höheres Ausfallrisiko. Dem gegenüber steht eine mitunter leichtere Koordination.
Die Gruppe ohne Multis muss wesentlich mehr Zeit in Koordination und Kommunikation investieren um Angriffe ähnlich effektiv auszuführen.
Du gehst davon aus, das 6 Spieler sich genauso gut koordinieren können wie 2 Spieler mit jeweils 3 Accounts. Das ist utopisch, damit behandelst du die Spielergemeinde nicht wie ein Sozialsystem, sondern wie ein technisches System. Eine Gruppe mit Multiaccounts hat deswegen in jedem "Team"-Spiel einen möglichen Vorteil gegenüber Gruppen ohne Multis.
Weitere Punkte:
Multiaccounts die nicht innerhalb einer Gruppe spielen, sondern über mehrere verteilt bringen mittels Spionage einen Informationsvorteil. Der Aufwand für die Accountpflege ist hier mitunter wesentlich geringer als der durch Spionage erzielte Vorteil (je nach Spiel und v.a. Community, hier kann es aber auch sein das Spionage sehr viel Zeit kostet und sich nicht lohnt).
Die Abstimmung auf diplomatischer Ebene zweier Spieler wird sich immer schwieriger Gestalten als die eines Multis. Zwei einflussreiche Spieler mit ähnlichen Absichten (gleiche wird es nie geben) können in der Regel weniger bewegen als ein Spieler mit zwei einflussreichen Accounts.
Das Problem, dass zwei Spieler immer auch ein Eigeninteresse verfolgen, ansonsten würden sie das Spiel nicht spielen. In der Regel ist es Zeitvertreib und Spaß. Nur die wenigsten Spieler sind bereit alles, was sie sich erarbeitet haben der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Wieder ein Vorteil von Multis. (Kommunismus ist und bleibt eine Utopie).
Mein Fazit:
In meinen Augen besitzen Multi-Accounts in interaktiven, kompetitven Spielen immer einen Vorteil.
Den Vorschlag das Spielprinzip und die Balance darauf auszurichten, dass sich Multis nicht mehr lohnen finde ich nur mit Einschränkungen richtig. Letztlich wird damit ein mögliches Problem durch Multis anerkannt, sonst gebe es ja keinen Grund dazu. Allerdings finde ich sollten sich das Spielprinzip und die Balance soweit wie möglich an den eigentlichen Zielen des jeweiligen Browsergames orientieren.
Einschränkungen sollten nur soweit vorgenommen werden, wie sie unbedingt nötig ist.
Eine Spielmechanik kann durchaus so ausgelegt sein, dass Multis ordentliche Vorteile über das "normale" Maß hinaus erhalten. Trotzdem kann sie gut sein (sowohl aus theoretischer Sicht als auch in der Praxis), wenn sie von der Prämisse "Es gibt keine Multis" ausgeht. Das wird nicht zu 100% erreicht, natürlich. Dennoch sind bei solchen Spielmechaniken Verbote von Multis und entsprechende Überprüfungen notwendig.
Zum Auffinden von Multis sollte man zwei Aspekte bedenken:
Die technischen Methoden
Alles was man mit IP-Vergleichen, Cookies oder sonstigen Daten, die an den Browser übermittelt werden anstellen kann ist sehr leicht zu implementieren, aber leider auch sehr leicht auszuhebeln (Ich habe Remotezugriff auf Computer in 4 Netzwerken, die technisch völlig autonom sind).
Hinzu kommen noch Log-Berichte von Aktivitäten und Aktionen (die z.T. auch für das Aufspüren von Bots nützlich sind).
Die semantischen Methoden
Um Multis einigermaßen effektiv aufspüren zu können müssen die Punkte im Spiel, die Multis Vorteile bringen aufgespürt werden. Das kann das Erstellen einer Handelsbilanz sein oder auffälige Angriffe. Hier finde ich eine automatisierte Überwachung sinnvoll, die bei Auffälligkeiten einen Administrator benachrichtigt, der den Fall individuell überprüft. Um an der Stelle eine ausreichende Effizienz zu erreichen muss man leider auch Abstriche in der Spielmechanik in Kauf nehmen.
In der Praxis finde ich hier einen Puntekatalog für Auffälligkeiten sinnvoll. Die einzelnen Merkmale erhalten einen Punktwert zugeordnet (Beispiel: Selbe IP = 3 Punkte) und ab einem bestimmten Punktwert wird ein Administrator benachrichtigt. Hier wird nur bei mehreren Auffälligkeiten eingegriffen und jeder Fall noch individuell überprüft.
Bei einer Anmeldung von Geschwistern etc., die über einen Anschluss spielen könnte man zum Beispiel Punkte gutschreiben, die Grenze erhöhen oder nichts verändern und nur dem Admin die Info an die Hand geben.
Update 2:
Jetzt weiß ich was ich vergessen habe und mich die ganze Zeit störte:
Bisher wird es alles aus Sicht des Entwicklers gesehen. Letztlich entscheidet aber der Anwender darüber, was in Ordnung ist und was nicht. Meine Erfahrung als Spieler sagt da eindeutig, dass Multis unerwünscht in einer Community sind. Dem Wunsch sollten die Entwickler dann auch folgen, wenn sie denn nicht Multis als essentiellen Bestandteil ihrer Ausrichtung/Strategie sehen...
Update: Rechtschreibfehler zumindest etwas entfernt...