Ab in die Schatten - Review zu Shadowrun Returns
Wir haben uns in die Sprawls von Seattle gewagt und erzählen euch, wie gut das Old-School-Rollenspiel Shadowrun Returns ist.
Old-School ist derzeit in, was die Erfolge von Kickstarter-Spielen beweisen. Shadowrun Returns ist ein solches Game. Es wurde erfolgreich per Crowdfunding auf Kickstarter finanziert und verspricht Retro-Abenteuer, wie sie vor rund 15 bis 20 Jahren aktuell waren.
Die Story von Shadowrun Returns beginnt im Jahr 2054. Ihr verkörpert einen abgehalfterten Runner, der sich kaum noch über Wasser halten kann. Der Tod eines ehemaligen Kollegen verspricht viel Geld - sofern dessen Ableben aufgeklärt und gerächt werden kann. Also macht ihr euch auf nach Seattle und wollt den Mord aufklären.
Zu Beginn des Spiels erstellt ihr euch einen Helden. Ihr wählt Geschlecht und Aussehen und eine der Klassen Street Samurai, Rigger, Mage, Decker und Shaman oder ihr erstellt euch eure eigene Klasse, indem ihr Skillpunkte auf verschiedene Fertigkeiten und Attribute verteilt. Schließlich wählt ihr, ob ihr als Mensch, Ork, Troll, Elf oder Zwerg losziehen wollt und findet euch in den Slums von Seattle wieder.
Gespielt wird aus einer isometrischen Perspektive. Ihr seht euren Helden also von schräg oben durch die Straßen laufen. Per Mausklick bewegt ihr euch zum Zielort oder wählt ein Objekt aus, der benutzbar ist. Überall auf den Straßen trefft ihr auf NPCs, welche ihr ansprechen könnt. Diese haben meist Informationen oder Aufträge für euch oder ihr dürft mit ihnen handeln. Die Gespräche sind allerdings nicht vertont. Ihr müsst die gut geschriebenen und atmosphärischen Texte also selbst lesen. Aufträge werden in einem Tagebuch notiert, sodass ihr immer wieder nachlesen könnt, was zu tun ist. Auf einem Kompass wird euch außerdem angezeigt, wohin ihr euch begeben müsst, um die gerade aktive Missionen weiterzuführen. In diesen sowie in Gesprächen habt ihr ab an auch die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen. Wollt ihr ballernd nach vorn stürmen oder vielleicht lieber einen Hintereingang suchen. Wollt ihr einen Polizisten bestechen oder ihm drohen? Für all das müsst ihr aber die entsprechenden Fertigkeiten trainieren.
Natürlich kommt es auch zu Kämpfen auf den Straßen der Metropole. Diese finden rundenweise statt. Auf dem Boden seht ihr angezeigt, wie weit ihr euch bewegen könnt. Jeder Held besitzt eine bestimmte Anzahl an Aktionspunkten, die bestimmt, wie weit er laufen und wie oft er schießen kann. Die Auseinandersetzungen laufen sehr taktisch ab. Ihr müsst auch die Umgebung und Objekte mit in eure Strategien einbeziehen, denn ihr könnt hinter Möbeln und anderen Items in Deckung gehen, wodurch ihr schwerer zu treffen seid. Da ihr im Verlauf des Spiels NPCs in eure Party aufnehmen könnt, laufen die Kämpfe extrem taktisch ab. Jeder Held kann positioniert werden und muss seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden. Natürlich kann es auch zu Hinterhalten kommen, in denen ihr eure Taktiken überdenken müsst. Außerdem müsst ihr eure Munition im Auge behalten, die auch zur Neige gehen kann. Jede Schuss sollte also sitzen.
Das Shadowrun-Szenario hat sich seit jeher dadurch von anderen Szenarien abgehoben, dass Fantasy- und Science Fiction-Elemente miteinander vermischt werden. Zwar spielt die Geschichte in der nahen Zukunft, in welche Megakonzerne über eine dystopische Welt voller Gangs herrschen, es gibt aber auch Magie und andere Völker wie Drachen, Zwerge und Elfen. Schamanen und Magier etwa können Feuerbälle schleudern oder Dämonen beschwören. Ein Zauberer in eurer Party hat also Vorteile, während ein Magiekundiger als Feind unberechenbar und höchst gefährlich ist.
Ebenfalls interessant ist das Hacking. So können Decker sich in Computer einloggen und hier Daten stehlen. Dies läuft alles in Echtzeit und leicht veränderter Grafik/Umgebung ab. Hier bekommt ihr es mit Computerprogrammen als Gegnern zu tun.
Durch erledigte Aufträge und besiegte Feinde erhaltet ihr Karma-Punkte. Diese könnt ihr einsetzen, um eure Fertigkeiten und Attribute zu steigern. Je höher die Skills sind, desto mehr Punkte kostet es, sie weiter zu verbessern. Daneben könnt ihr euch mit Geld neue Waffen und andere Items wie Granaten, Drohnen oder Medipacks kaufen.
Shadowrun Returns beweist, wie gut Retro heutzutage funktionieren kann. Natürlich sieht das Spiel nicht so gut wie moderne AAA-Rollenspiele aus und auch einige Komfortfunktionen sind nicht vorhanden. Dennoch wird die Atmosphäre der Pen & Paper-Vorlage hervorragend eingefangen. Die Story ist spannend erzählt und die Dialoge sprühen nur so vor Stimmung und Wortwitz. Auch die Charaktere, auf die ihr während des Abenteuers trefft, werden euch durch die interessanten Persönlichkeiten im Gedächtnis bleiben. Das Highlight stellen aber definitiv die taktischen Rundenkämpfe dar, in denen man sich strategisch austoben kann. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist allerdings, dass es kein freies Speichern gibt. Es wird immer nur automatisch gespeichert, wenn man ein neues Gebiet betritt. Auch, dass man keine Beute von erledigten Feinden ergattern kann, ist etwas schade.
Wer auf Old-School-Rollenspiele und das Shadowrun-Szenario steht, kommt um Shadowrun Returns nicht herum, das auf Steam nicht mal 20 Euro kostet. Das RPG wird zudem mit einem Editor ausgeliefert, über den man sich eigene Missionen erstellen kann. Für neue, von Spielern erstellte Abenteuer sollte also gesorgt sein. Wer allerdings nicht auf Retrospiele steht, eine gute Grafik und actionreiche Echtzeitschlachten bevorzugt, wird wohl eher nicht glücklich mit dem Spiel. Eine Chance sollte man ihm aber auf alle Fälle geben, da es zu den atmosphärischsten und taktischsten RPGs der letzten Zeit gehört.