Geschichtenerzähler: Hat eine Story in einem MMORPG überhaupt einen Sinn?
Viele MMORPGs legen zwar Wert auf eine interessante Story, doch die meisten Questtexte werden einfach weggeklickt. Macht eine Geschichte in einem MMO also überhaupt noch Sinn?
Pac-Man fraß sich durch ein Labyrinth, verfolgt von Geistern. Ein Klempner wollte seine Herzensdame vor einem wütenden Riesenaffen retten. Ein Marine schoss sich durch Horden von Monstern auf dem Mars.
Eine gewisse Hintergrundgeschichte besitzt jedes Computerspiel, wenn gleich auch viele davon sehr rudimentär sind und nur dazu dienen, zu erklären, warum man wo ist und das tut, was man tun muss. Im Laufe der Entwicklung der Computerspiele wurde immer mehr Wert auf das Erzählen interessanter Geschichten gelegt. Personen, die man in der Spielwelt traf, hatten plötzlich etwas zu sagen und trugen vielleicht auch mit zur Weiterentwicklung der Geschehnisse bei. Vor allem bei Rollenspielen wurde die Story immer mehr zum Kernelement. Moderne RPGs erzählen komplexe Stories, welche der Spieler durch seine Taten und Entscheidungen beeinflussen kann. So hängt es vom Spieler ab, welche der Parteien im Endzeit-Spiel Fallout: New Vegas in der Mojave-Wüste das Sagen hat und welchen der Gemeinden und Personen es gut geht und welchen nicht.
In MMORPGs sieht dies etwas anders aus. Auch hier existiert eine Hintergrundgeschichte. Dämonen wollen die Welt vernichten, ein Drache erwacht aus seinem Schlaf und will sich an den Völkern rächen... Natürlich trifft man auch in einem Online-Rollenspiel auf NPCs, welche Probleme haben und Quests anbieten. Doch eine wirklich tiefgreifende Geschichte steht dem eigentlichen Spielprinzip eher im Weg. Die meist langen Missionstexte werden oft weggeklickt, weswegen schon von vornherein zusätzlich stichpunktartig nur die Punkte angegeben werden, die wirklich relevant sind. Welches Problem der Questgeber genau hat und wieso, interessiert nicht. Es geht nur darum, möglichst schnell Erfahrungspunkte zu sammeln.
MMORPGs, die Wert auf das Erzählen einer komplexen Geschichte legen, wie beispielsweise Star Wars: The Old Republic, kommen bei den Spielern nicht so gut an. Zu langwierig ist es, die Sequenzen anzusehen, in denen die Story weitererzählt wird. Zu sehr lenkt es davon ab, Mobs zu jagen, Questziele zu erfüllen und zu raiden. Die Geschichte in einem MMORPG verkommt immer mehr zu einem ausgeschmückten Hintergrund, der lediglich das Szenario festlegt - nicht unähnlich von Pac-Man. Die Kugel muss aus dem Labyrinth entkommen und die Geister abhängen. Aber grundsätzlich geht es darum, so viel zu fressen wie möglich, ohne zu sterben. Ähnliches Beispiel eines MMORPGs: Die Prinzessin muss vom bösen Drachen befreit werden. Doch grundsätzlich geht es darum, so viele Monster wie möglich zu erledigen, um schnell aufzusteigen.
Wir nähern uns mit modernen Spielen also immer mehr einem Erzählsystem an, wie es zu Beginn der Computerspiele-Ära herrschte. Ein Szenario, in dem es darum geht, schnell das Ziel zu erfüllen. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, weswegen Sandbox-MMORPGs immer beliebter werden. Hier versucht man gar nicht erst, eine Geschichte zu erzählen. Man wirft den Spieler in die Welt, legt das Szenario fest und der Spieler versucht, schnellstmöglich stark und erfolgreich zu werden - ganz ohne Geschichte.
Vielleicht könnte es die Zukunft von Onlinespielen sein, völlig ohne Story auszukommen. Wenn Texte nur noch weggeklickt werden, braucht sie auch keiner mehr zu schreiben. Es könnte viel eingespart werden, indem man eine Story und Questtexte weglässt. Natürlich gibt es auch die Rollenspieler, welche Wert auf eine Geschichte legen, sich jeden Text durchlesen und sich für die Probleme der Bevölkerung des Fantasylandes interessieren. Letzen Endes bestimmen also die Spieler selbst, ob sie noch Wert darauf legen, dass ein Spiel eine Geschichte erzählt oder ob wir uns doch wieder in Richtung Pac-Man bewegen und zwar ein Szenario brauchen, hier aber nur schnellstmöglich unser Ziel erreichen wollen.