Java, Flash und Silverlight: Welcher Technologie gehört die Browsergame-Zukunft?
Längst haben sich die Browsergames von ihrem Ursprung als einfache Tabellenspiele weit entfernt - viele moderne Spiele nutzen heute Techniken wie Java, Flash oder Silverlight und können den Usern dadurch graphisch und spieltechnisch bedeutend mehr bieten. Über die Unterschiede und zukünftige Entwicklung dieser Möglichkeiten haben wir mit Carsten Orthbandt gesprochen, welcher sowohl das Feld der klassischen Computerspiele als auch die Browsergameszene kennt.
Galaxy-News: Hallo Carsten, bitte
stelle dich unseren Lesern zunächst einmal vor und erzähle kurz,
was dich mit Browsergames verbindet.
Carsten Orthbandt: Hallo
Alexander, meine Name ist Carsten Orthbandt und ich betreibe seit
Mitte der Neunziger Jahre Spieleentwicklung. Bis vor wenigen Jahren
waren das überwiegend klassische PC-Spiele wie "Wiggles"
und "Paraworld". Zusammen mit meinen Kollegen Jasmin und
Christoph kam ich aber irgendwann zu dem Schluss, dass die Zukunft
klar in reinen Onlinespielen liegt. Daraus entstand das neue Studio pixeltamer.net. Da die primäre Umgebung für fast alle
Internetnutzer der Browser ist, lag es also nahe, sich mit
Browsergames näher auseinander zu setzen. Uns fiel dabei auf, dass
sich die Technologie von Browserspielen nur langsam entwickelt. Mit
unserem Hintergrund in PC-Spielen nahmen wir uns also vor, das zu
ändern. Das erste Ergebnis war "Parsec" und es folgten
noch zahlreiche weitere. Mit meinem Fokus auf Technologieentwicklung
verstärke ich inzwischen auch das Xybris-Team und helfe hier,
Browsergames noch interessanter zu machen.
Galaxy-News: Das
Thema dieses Interviews sind die Vorteile von Java und Flash im
Bereich der Browsergames. Welche Erfahrungen hast du mit diesen
bislang gemacht?
Carsten Orthbandt: Wie schon gesagt versuchen
wir, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu sehen wir
uns insbesondere genau die verfügbaren Clienttechniken an. Am
gebräuchlichsten sind hier neben DHTML eben Java und Flash. Für
beide Technologien haben wir inzwischen Spiele entwickelt und uns so
einen sehr genauen Eindruck von der Leistungsfähigkeit und
Zuverlässigkeit verschafft.
Java ist ja als vollwertige
Entwicklungssprache entstanden. Das Browserplugin als "Nebenprodukt"
macht sich da vor allem durch Einschränkungen bemerkbar.
Speicherverwaltung, Dateiverwaltung und Integration in die
Betriebssystemumgebung sind oft problematisch. Auf der anderen Seite
bietet Java hervorragende Performance durch den integrierten
"Just-In-Time-Compiler". Schwieriger wird es leider bei der
Grafik. Die 2D-Grafikroutinen die Java mitbringt sind leider nicht
sehr performant und behindern die Umsetzung anspruchsvoller
Spielkonzepte. Alternativ kann man auch OpenGL einsetzen, dies ist
allerdings mit vielen Fallen und Problemen beim Spieler
verbunden.
Flash dagegen hat einen völlig anderen Ansatz. Zum
einen wurde es explizit für den Einsatz im Browser konzipiert,
bindet sich also sehr viel problemloser ein. Auch ist Flash von Hause
aus auf grafische Anwendungen optimiert. Seit kurzem bietet Flash
auch 3D-Beschleunigung an, wodurch eines der Hauptargumente für Java
obsolet wird. Die reine Rechenleistung in ActionScript wurde in den
letzten Jahren auch immer weiter gesteigert so dass mit der aktuellen
Version (die auch einen JIT-Compiler nutzt) die Geschwindigkeit
zumindest als ausreichend zu bezeichnen ist.
Galaxy-News:
Anfänglich wurde die Szene vor allem durch minimalistische
Browsergames bekannt, welche auf PHP setzten und meist nur aus
Tabellen und wenigen Bildern bestanden. Mit den Möglichkeiten
entwickeln sich jedoch auch die Spiele immer weiter. Steht bald das
endgültige Ende für die klassischen PHP-Spiele bevor?
Carsten
Orthbandt: Sicher heben neue Technologien auch den Anspruch an die
Darstellungsqualität der Spiele. Flash und Java sind hier nur der
Anfang, andere Techniken wie Silverlight, Googles O3D und Unity3D
führen die Entwicklung auch weiter. Wenn man sich das Spektrum der
Spiele auf Konsolen und PCs ansieht wird klar, dass eine Vielzahl von
Ideen und Designs erfolgreich sein können, wenn die erste Hürde der
Technik erst einmal genommen ist. Insofern denke ich nicht, dass die
klassischen Tabellenspiele völlig überflüssig werden. An der
Präsentation und der Nutzerfreundlichkeit kann man sicher in vielen
Fällen noch Verbesserungen erreichen. Aber so wie es auch im
PC-Bereich zahlenlastige Spiele gibt (Fussball-Manager, WiSims usw.)
erwarte ich, dass diese Art Spiele im Browsergames-Sektor auch
Bestand haben wird.
Darüber hinaus bieten aber die neuen Technologien eben die spannende Möglichkeit neue Wege zu gehen und neue Konzepte zu verfolgen. Den Eingeborenen auf Galaxy-News dürfte zum Teil bekannt sein, dass ich nicht gerade ein Fan von PHP bin. Fakt ist aber, dass es der kleinste gemeinsame Nenner aller Webhoster ist. Insofern ist es nachvollziehbar, dass viele Einsteiger sich zunächst mit PHP auseinandersetzen.
Der große Vorteil
browserbasierter Spiele ist aber die massive Interaktion einer großen
Anzahl von Spielern. Und da sehe ich Bedarf für skalierbarere
Techniken. Ich bin sehr gespannt welche Lösungen für die
anstehenden Probleme andere Entwickler finden werden.
Galaxy-News:
Dank der neuen Möglichkeiten und weiteren Verbreitung von
DSL-Leitungen und leistungsstarken Rechnern werden immer weitere
Spielelemente auch im Browser möglich. Werden Browsergames bald eine
ernsthafte Konkurrenz für klassische Computerspiele
darstellen?
Carsten Orthbandt: Der Bereich der PC-Games ist
seit Jahren rückläufig. Die großen Erfolge klassischer Spiele
finden eher auf den Konsolen statt. Daher denke ich, dass
Browsergames die Chance haben einen Großteil des bisherigen
PC-Marktes abzudecken. Browsergames haben hier massive Vorteile:
Keine Installation, kein Kopierschutz, der verrückt spielt,
Online-Profile und vieles mehr.
Auch die großen PC-Publisher wie
EA oder Activision haben das durchaus (wenn auch spät) erkannt und
versuchen in Browsergames Fuß zu fassen. Aber die letzten Jahre
haben auch auf dem PC gezeigt, dass die Independent-Szene immer
wichtiger wird und die eigentlich innovativen Spiele hervorbringt.
Die Produktion als Independent auf dem PC ist mit hohen Risiken und
Hürden verbunden, Browsergames sind auch hier im Vorteil. Alles in
allem denke ich, dass der klassische Vertrieb von Spiele-DVDs
abnehmen und die Verteilung über das Internet irgendwann das einzige
Medium sein wird. Für diese Vorhersage braucht man natürlich kein
Prophet zu sein. Letztendlich wird das aber auch dazu führen, dass
die klassischen PC-Games und Browsergames sich immer weiter annähern
und verschmelzen werden.
Galaxy-News: Wer ein modernes
Browsergame entwicklen will, steht meistens vor der Wahl zwischen den
am weitesten verbreiteten Optionen Java und Flash. Was unterscheidet
diese beiden Techniken und wo liegen die jeweiligen Vorteile für die
Entwickler bzw. die Spieler?
Carsten Orthbandt: Wie schon
erwähnt haben wir beide Techniken eingehend verglichen und in
Projekten eingesetzt. Java als System deckt weitaus mehr
Funktionalität ab als Flash. Gerade bei den Bereichen die für
Spiele interessant sind (Grafikfähigkeiten) ist Flash aber
letztendlich überlegen. Ein oft übersehener Punkt für Entwickler
und Spieler ist die Zuverlässigkeit. Und da hat Flash klar die Nase
vorn. Wir haben festgestellt, dass selbst ohne die Einbindung von
OpenGL sehr oft Probleme mit dem Java-Plugin auftreten. Diese sind
leider in den seltensten Fällen vom User behebbar. Und ein Spiel das
gar nicht erst startet hat natürlich ein offensichtliches
Akzeptanzproblem.
Beim aktuellen Stand der Technik sehe ich
ehrlich gesagt kaum echten Vorteile für Java. Flash ist ausreichend
schnell, bietet von Hause aus funktionierendes 3D (Java3D war schon
immer ein schlechter Scherz) und ist praktisch überall installiert.
Für Entwickler gibt es zwei Punkte für Java:
1. Die
Entwicklungsumgebung Eclipse ist frei verfügbar und sehr
leistungsfähig. Die Opensource-Anwendungen für Flash kommen da
leider bei weitem nicht mit. Die günstigste Variante von Adobe
(Flexbuilder) ist zwar nicht unbezahlbar aber eben auch nicht frei.
2. In Java kann man den rechten Mausbutton sinnvoll nutzen. Das ging
bei Flash noch nie richtig. Mit Blick auf die zwar zahlenmäßig
irrelevanten aber dafür lauten Mac-User ist dieses Argument aber nur
bedingt von Bedeutung.
Galaxy-News: Wie kommt es, dass Xybris
Interactive sich von Java abwendet und in Zukunft auf die Konkurrenz
aus dem Haus Adobe setzt?
Carsten Orthbandt: Wie schon erwähnt
ist gerade die grafische Performance und Zuverlässigkeit von Flash
einem Java-Applet weit überlegen. Gerade für Casual Gamer ist das
wichtig. Niemand möchte für ein Spiel das er noch gar nicht richtig
kennt erst Browsereinstellungen verändern oder Plugins
installieren.
Galaxy-News: Mit Silverlight schickt der
Softwarekonzern Microsoft einen eigenen Bewerber in das Rennen gegen
Java und Flash, welches derzeit allerdings noch unter seiner recht
geringen Verbreitung leidet. Ist dieses für Browsergames ebenso
geeignet und ist abzusehen, dass daraus eine
ernstzunehmende
Alternative zu den beiden Platzhirschen erwächst?
Carsten
Orthbandt: In der aktuellen Version von Silverlight sehe ich ehrlich
gesagt keine Funktionalitäten, die Flash nicht auch ähnlich bieten
würde. Man kann Silverlight sehr gut für Browsergames benutzen,
aber das Plugin ist natürlich bei weitem nicht so verbreitet wie
Flash.
Die kommenden Silverlight-Releases werden aber sehr sehr interessant, da u.a. umfangreiche 3D-Beschleunigung kommen wird. Warum Microsoft das nicht gleich bei der ersten Version geliefert hat ist mir immer noch ein Rätsel. Ein starkes Argument für Silverlight ist aber auf jeden Fall die Entwicklungsumgebung. Visual Studio ist und bleibt eine der besten IDEs. Debugging, Profiling und Projektverwaltung sind Eclipse immer noch weit voraus.
Verbreitung von Java, Flash und Silverlight (http://riastats.com/#)
Galaxy-News:
Die eingesetzten Techniken werden ausgefeilter, die Spiele optisch
immer ansprechender, doch neue Konzepte sucht man meist vergebens.
Beschränken sich die großen Entwickler nur noch darauf, ihre Kunden
mit bunten Bildern und neuen Paymentkonzepten auszunehmen?
Carsten
Orthbandt: Ich denke hier liegt viel Potenzial vergraben. Zum einen
muss das Thema Gamedesign sich dem Gedanken "Massive
Multiplayer" ersteinmal weiter nähern. Es reicht nicht,
klassische Konzepte einfach auf einen Webserver zu packen.
Gleichzeitig muss sich aber auch die Technologie weiterentwickeln.
Mit den aktuell verfügbaren Techniken ist es gar nicht so einfach,
Spielmechaniken für tausende von Usern stabil zu gestalten. Zu guter
letzt ist die Monetarisierung aber eben auch eine wichtige Frage.
Micropayment, virtuelle Währungen und Itemshops sind relative junge
Themen für die sicher noch kreative Lösungen gefunden werden.
Galaxy-News: Vielen Dank für das Interview!