MMORPGs: Taten ohne Konsequenzen
MMORPGs versprechen virtuelle Welten, in denen Abenteuer erlebt werden können und vergessen dabei etwas Wesentliches: Taten sollten auch Konsequenzen haben.
Mutig stürmt der muskelbepackte Krieger voran, Schwert in weitem Bogen über den Kopf schwingend. Noch ein Schlag und der Drache, welcher das friedliche Städten terrorisierte, haucht sein Leben aus und die entführte Prinzessin ist endlich befreit und kann von ihrem Vater in die Arme geschlossen werden. Der Schlag sitzt, der Lindwurm verröchelt am Boden und der Held löst die Ketten der Prinzessin. Schnell wird das Gold und die bessere Ausrüstung aufgesammelt und die Prinzessin nach Hause gebracht. Die Stadt ist gerettet und kann in Frieden weiterleben... oder doch nicht?
Nach einem Umtrunk in der örtlichen Taverne, will der Recke bei der Prinzessin vorbeischauen, um zu sehen, wie es ihr geht. Doch sie ist verschwunden! Ihr Vater erzählt aufgelöst, dass sie vom bösen Drachen, welcher seit Monaten die Stadt terrorisiert, entführt wurde. Mutige Helden sollen sich aufmachen, sie zu retten! Moment mal, haben wir das nicht vor wenigen Minuten getan? Der Drache war doch tot und die Prinzessin gerettet... Also alles nochmal? Und dann?
So wunderschöne Welten und spannende Abenteuer MMORPGs erschaffen, nichts von dem, was man vollbringt, hat einen bleibenden Effekt. Selbst, wenn der Oberbösewicht vernichtet wurde und damit eigentlich die Welt gerettet sein sollte, ist sie es doch nicht. Denn tausende anderer Spieler wollen ebenfalls den Finsterling besiegen und die Welt retten. Deswegen steht der arme Kerl immer wieder auf, wird erneut zur Bedrohung und muss ständig wieder vernichtet werden. Die Welt kann also nie wirklich gerettet werden. Die Taten der Spieler bleiben ohne Konsequenz.
Dies lässt sich in einem MMORPG zumindest bisher auch gar nicht anders regeln. Würde ein Spieler dafür sorgen, dass der Oberbösewicht für immer vernichtet wäre, hätten alle anderen keine Chance mehr, mitzumischen. Die Quest wäre nur von einer Person zu meistern und die anderen Spieler würden ind Röhre schauen - nicht besonders spaßig.
Doch das andere Extrem, dass nichts, was man im Spiel tut eine Auswirkung hat, alle Taten ohne Konsequenzen bleiben, ist dem Spielspaß und vor allem einer gut erzählten Geschichte ebenfalls nicht zuträglich. Warum versuchen MMORPGs dann überhaupt, eine Geschichte zu erzählen? Warum sich überhaupt aufmachen, die Prinzessin zu retten, wenn sie sowieso wieder entführt wird?
Sandbox-MMORPGs gehen hier einen eigenen Weg. Es gibt grundsätzlich keine Quests oder wenn, sind dies Missionen, welche die Spieler nicht zum Retter der Welt machen. Das virtuelle Leben in einer anderen Welt steht hier im Vordergrund und die Spieler erschaffen sich ihre eigenen Abenteuer, indem sie die freie Welt erkunden und durch ihre Taten mitformen.
MMORPGs sind inzwischen von dem Weg abgekommen, den sie früher beschritten haben: Multiplayer-Versionen von Rollenspielen zu sein, in dem Abenteuer im Vordergrund stehen. MMORPGs sind fast zu einer Wissenschaft geworden. Anhand von Tabellen und Berechnungen finden Spieler heraus, welcher Bossgegner, wann welches Items hinterlässt oder wie man den eigenen Helden am effektivsten verbessert, sodass er in der Gilde am besten "funktioniert". Die Abenteuer und Geschichten sind häufig nur Mittel zum Zweck, um etwa ein neues Set-Item zu erhalten oder eine neue Region freischalten zu können sowie um an genug Erfahrungspunkte zu kommen, um wieder die Skills verbessern zu können.
Da ist es egal, wenn man denselben Gegner immer und immer wieder besiegen muss und die Prinzessin auf ewig entführt wird. Es spielt keine Rolle, in der Art, wie man in der Spielwelt vorankommen möchte. Aber wäre es nicht schön, wenn auch in einem MMO Taten Konsequenzen hätten? Wenn Auswirkungen auf die Welt sichtbar wären und man sich zuweilen überlegen müsste, ob man das, was man vorhat, auch wirklich tun sollte? Wenn der Drache, den man besiegt hat, wirklich tot bleibt und eine Stadt damit befreit wurde? Vielleicht wird dies irgendwann einmal möglich sein, denn Konsequenzen sind wichtig - selbst in einem Spiel.