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Mouse & Browser statt Pen & Paper

Mouse & Browser statt Pen & Paper

Das Schwarze Auge steht für eine Rollenspieler-Tradition, die ihresgleichen sucht. Für die riesige Fangemeinde sind moderne PC-Adaptionen nichts neues, die unzähligen Abenteuer in Buchform jedoch bleiben legendär. Lizenz-Inhaber Chromatrix vertreibt viele neue Solo-Adventures nun auf einer weiteren Plattform: Dem Browser. Wir sprachen mit Geschäftsführer Dr. Stefan Blanck.

GalaxyNews: Hallo Stefan. Bevor wir auf Dein derzeitiges Projekt zu sprechen kommen, stell Dich unseren Lesern doch bitte kurz vor. Was verbindet Dich persönlich mit Rollenspielen?


Stefan Blanck: Ich bin Geschäftsführer der Chromatrix GmbH, Produzent und vor allem auch Game Designer von Computerspielen, insbesondere Rollenspiele und Strategiespiele. Mit Rollenspielen verbindet mich eine lange Tradition seit Mitte der 80er Jahre. Zuerst sogar mit Computer-RPGs. Seit 1988 Pen&Paper, vor allem Das Schwarze Auge.



GalaxyNews: Die Das Schwarze Auge (kurz: DSA) Reihe ist ja vor allem für genau diese jahrelange Pen&Paper-Tradition berühmt. Nach den ersten MS-DOS-Adaption in den frühen Neunzigern und verschiedenen Mobile Games in den letzten Jahren wagst Du Dich sich mit Deiner Firma Chromatrix nun auch in den Bereich der Browserspiele. Wie kam es dazu?


Dr. Stefan Blanck ist Geschäftsführer von Chromatrix und Inhaber der Rechte am Rollenspiel Das Schwarze Auge. Die Textadventures werden unter dsa-games.de vertrieben.

Stefan Blanck: Chromatrix entwickelte von 2003 - 2006 insgesamt 17 Mobile Games in Co-Produktion mit elkware, die später von Infospace gekauft wurden. Darunter waren 15 DSA-Soloabenteuer und diese verkauften sich international äußerst erfolgreich, insgesamt über 700.000 Mal. Wir wussten also, dass diese Art von kleinen, aber feinen Spielen gut funktioniert.

Leider hat Infospace das Mobile Geschäft im Jahr 2007 komplett aufgelöst und im April 2008 haben wir sämtliche Rechte zurückerhalten. Da der Mobile Markt zu jener Zeit schwierig war und die Netzbetreiber immer nur ein recht eingeschränktes "Deck" von ca. 300(!) Spielen anbieten wollten, konnten wir unsere ganze Reihe dort nicht mehr unterbringen. Da die Spielerhelden aber schon damals die ganze Reihe von Abenteuern spielen konnten, was weltweit einzigartig war, galt aus Spielersicht: Ganz oder gar nicht. Wir haben uns deshalb entschieden, das Konzept für Browsergames umzusetzen, was uns auch in "sportlichen" 16 Wochen gelang. Seit Ende Juli 2008 gibt es deshalb die DSA-Browsergames.


GalaxyNews: Drei Abenteuer und die Möglichkeit zu Duellen mit anderen Spielern gibt es umsonst, weitere Abenteuer kosten im Schnitt zwischen 3 und 5 Euro. Bei Handyspielen mag das eine geläufige Preisspanne darstellen, gerade Browserspieler jedoch gelten oftmals eher als zahlungsscheu.



Stefan Blanck: Der Anteil zahlender Spieler ist bei uns im Vergleich zu anderen Browsergames wesentlich höher. Das hängt damit zusammen, dass die Spieler die Abenteuer - also Spielcontent - ganz gezielt und eher einem Buch vergleichbar kaufen. Man könnte durchaus Paralellen zwischen E-Books und Printausgaben ziehen. Unsere jüngeren Browserabenteuer bieten vom Umfang her sogar mehr Text und eine ungleich höhere Komplexität als das bei einem gedruckten Buch möglich wäre. Ein Print-Soloabenteuer gibt es nicht unter 10 Euro. Unser Preis-/Leistungsverhältnis ist deshalb sogar ziemlich vorteilhaft. Letztlich kann das aber jeder Spieler völlig frei für sich entscheiden, denn wir verzichten ganz gezielt auf Abo-Modelle. Wir möchten unsere Spieler fair behandeln und die positive Resonanz zeigt, dass wir damit richtig liegen.



GalaxyNews: Für die Leser, die DSA nur als Pen&Paper oder 3D-Computerspiel kennen: Was bietet ihr dem Spieler also konkret für sein Geld?



Stefan Blanck: Ein Spieler erschafft sich einen oder beliebig viele Helden. Dazu stehen auch 14 unterschiedliche Archetypen wie Krieger, Zwerg, Thorwaler bis hin zu Goblins zur Verfügung. Die Erschaffung kann übrigens automatisch oder manuell vorgenommen werden.



Jedes Abenteuer, das der Spieler erwirbt, kann er mit jedem seiner Helden spielen. Im Grunde also beliebig oft. Ein bestimmter Held kann ein einzelnes Abenteuer aber nur genau einmal durchspielen, da er für seine Taten selbstverständlich nur einmal mit Abenteuerpunkten belohnt werden kann. Am Ende eines Abenteuers wird der Spieler aber explizit darauf hingewiesen, dass der Abschluss des Abenteuer mit diesem Helden endgültig ist. Wenn er das nicht möchte, vielleicht weil er denkt, dass ein anderer Lösungsweg im Abenteuer noch mehr Punkte bringt, dann kann er einen früheren Spielstand laden oder das Abenteuer auch ganz von vorne beginnen.



Die Stories, aber auch die Struktur der Abenteuer sind völlig unterschiedlich und keineswegs linear. Auch mag ein bestimmter Archetyp andere Erlebnisse haben, einer weiblichen Heldin sich andere Möglichkeiten bieten als männlichen. In Hinsicht auf die Abenteuerpunkte, infolgedessen die Helden ja auch in einer Ruhmeshalle gelistet werden, führt dies aber nicht zu Unterschieden.



In unserem jüngsten Abenteuer, dem zweiten Teil von "Saat des Zorns", befindet sich der Held in Nadoret, am Großen Fluss gelegen und Drakensang-Spielern sicherlich bekannt. Im Browserabenteuer kann er zu beliebiger Tages- oder Nachtzeit alle möglichen Orte in und um Nadoret herum aufsuchen und dabei ein persönliches Problem lösen, das ihn dort festhält. Der Spieler hat die absolute Freiheit ... nur nicht endlos lange Zeit. In ein paar Tagen muss er seine Queste gelöst haben.



Je nach Komplexität und Veranlagung der Abenteuer bieten diese jeweils mehrere Stunden Spielspaß für jeden einzelnen Helden. Wenn man dann bedenkt, dass man das Abenteuer mit anderen seiner Helden erneut spielen und dabei ganz andere Wege einschlagen kann, ist das Spielerlebnis mannigfaltig



Selbstverständlich sind viele Dinge sehr angenehm: Talentproben werden automatisch gewürfelt, Kämpfe gegen NSCs sind taktisch geprägt, da jeder Held über 30 verschiedene Kampfmanöver erlernen und einsetzen kann. Bei Händlern mit wechselndem Angebot können rund 200 verschiedene Ausrüstungsgegenstände ge- oder verkauft werden. Eigenschaftswerte, Talentwerte usw. darf der Spieler originalgetreu gemäß den DSA-Regeln steigern.



Nicht zu vergessen: Es stehen kostenlos Tavernenspiele bereit, bei denen sich sogar der Geldbeutel des Helden wiederbefüllen lässt. Die Palette reicht von aventurischen Kartenspielen und Brettspielen bis hin zu einem zünftigen Zechen-Wettbewerb oder Armdrücken gleich in drei Variationen oder einem Boxkampf.



GalaxyNews: Was die optische Umsetzung anbegeht, beschränkt ihr euch naturgemäß auf ausführliche Texte und Tabellen mit vereinzelten Bildern. Ein Beispiel, dass auch technisch scheinbar "veraltete" Browsergames ganze Spielergemeinden fesseln können?



Stefan Blanck: Es geht doch gar nicht darum, ob etwas technisch "veraltet" ist, sondern darum, ob ein Spiel Spaß bereitet. Es gibt ja nicht wenige Browserspiele, die haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel und begeistern noch immer Millionen von Spielern, obwohl sie technisch "veraltet" sind. Gerade bei Browserspielen ist der Spielspaß viel wichtiger als die ultimative Highend-Grafik. An Letzterer hat man sich schnell sattgesehen, üblicherweise während des kostenlosen Spielens. Wenn dabei der Spielspaß nicht zündet, dann hilft auch die beste Grafik nichts. - Das soll jetzt selbstverständlich nicht heißen, dass man keine technisch modernen Browserspiele bräuchte oder keine gute Grafik haben sollte. Nein, das ist natürlich schon förderlich. Aber wenn ich auf die letzten 30 Jahre Computerspiele zurückblicke, dann fallen mir viele - vor allem in Sachen Grafik - gehypte Spiele ein, die sich auch zu Beginn supergut verkauften, weil sie ein "Must-have" darstellten. Wenig später stellte sich heraus, dass alles nur heiße Luft war und kein prickelnder Spielspaß aufkam. Hätte es sich bei diesen Spielen um Browserspiele gehandelt, wären sie gnadenlos untergegangen noch bevor Spieler dafür Geld ausgegeben hätten.



Unterm Strich, so denke ich, müssen sich - langfristig erfolgreiche - Browserspiele eher bei den Spielern selbst unter Beweis stellen. Natürlich sollen sie gut aussehen und dürfen technisch anspruchsvoll sein. Aber das ist nicht in dem Maße die treibende Kraft wie bei Konsolen oder PC-Finished-Goods.



GalaxyNews: Bisher sprichst du ausschließlich von Solo-Abenteuern, die den Browser als neues Medium zu nutzen wissen. Würden sich mit dem Internet nicht auch völlig neue Möglichkeiten ergeben, die klassische Pen&Paper-Tischrunde dank interaktiver Communityfeatures - Stichwort: Gruppen - neu zu "beleben"?



Stefan Blanck: Du hattest es zu Anfang schon erwähnt: Wir bieten kostenlos ja auch richtige PvP-Zweikämpfe sowohl online als auch offline zwischen den Helden, zudem Chatrooms und persönliche Nachrichten. So ganz "Solo" ist keiner bei unserem Spiel. Nur wenn jemand keine Herausforderungen zu Zweikämpfen erhalten möchte, kann er die Funktion einfach ausschalten.



Es gibt zahlreiche Ansätze im Internet, z. B. Online-Foren, in denen man "Pen&Paper"-RPGs betreiben oder Geschichten fortschreiben kann. Auch an großen Touchscreens als Spielfläche und gleichzeitig grafischer Aufwertung sowie computerisierter Verarbeitung von Spielwerten etc. wird momentan weltweit an verschiedenen Forschungsstätten entwickelt. Es gibt vieles, was denkbar ist und einiges davon werden wir erleben und wird uns Spaß bereiten. Das Internet ist eine feine Sache. Aber das gemeinsame Spielen mit real anwesenden Personen möchte ich auch in Zukunft nicht missen.



GalaxyNews: Denkst du denn, ihr wärt mit einem browserbasierten Textadventure ohne die DSA-Lizenz auch nur ansatzweise derart erfolgreich geworden?



Stefan Blanck: Die DSA-Lizenz ist äußerst zugkräftig. Immerhin haben rund 5 Millionen Menschen irgendwann in ihrem Leben mal für einige Zeit DSA als Pen&Paper gespielt. Computerspiele gar nicht inbegriffen.



DSA bietet zudem eine extrem umfangreich ausgearbeitete Hintergrundwelt und ein ausgeklügeltes Regelsystem. Wir haben eben so viel über Abenteuer gesprochen, dass man darüber vergessen könnte, dass bei unserem Browsergame sehr viel gespielt wird und nicht nur gelesen.



Da wir 2004 auch ein Textadventure ohne RPG-Elemente als Mobile-Game veröffentlicht haben, das im Übrigen ebenfalls sogar auf einer Lizenz: "Power, Plüsch & Plunder" basierte, weiß ich sehr gut einzuschätzen, was die DSA-Lizenz tatsächlich wert ist. Das sind Welten.



GalaxyNews: Dann bedanke ich mich an dieser Stelle ganz herzlich für das Interview.

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