OpenSocial: Die Alternative zur Facebook-API
Spricht man von Social Games, meint man Facebook-Games. Den zahlreichen kleineren und größeren Netzwerken dieser Welt wird das aber keinesfalls gerecht - davon ist Bastian Hofmann überzeugt. Für die VZnet Netzwerke (u.a. studiVZ) programmiert er an der plattformübergreifenden API OpenSocial. Auf dem bgf 2010 haben wir ihn getroffen.
GalaxyNews: Hallo Bastian! Du bist bei den VZ Netzwerken angestellt und arbeitest hier nach eigenen Angaben primär an der plattformunabhängigen Programmierschnittstelle OpenSocial. War das nicht ursprünglich ein Projekt von Google?
Bastian Hofmann: Hallo Daniel! In der Tat wurde OpenSocial am Anfang vor allem von Google vorangetrieben, inzwischen ist es aber in eine eigene Foundation überführt worden. Google hat sich in den letzten Monaten sogar eher ein wenig zurückgezogen. Zurzeit arbeiten an OpenSocial sehr viele Entwickler von IBM, LinkedIn und Netzwerken aus der ganzen Welt, darunter auch Entwickler von VZ.
GalaxyNews: Das derzeit größte soziale Netzwerk Facebook hat allerdings eine eigene API. Was unterscheidet diese von OpenSocial?
Bastian Hofmann: Das schöne ist ja, dass quasi alle sozialen Netzwerke außer Facebook OpenSocial benutzen. Dadurch ist OpenSocial sehr viel mächtiger, wesentlich flexibler und erlaubt es dem Entwickler durch unterschiedliche Programmiermodelle genau die Struktur zu wählen, die zu seiner App passt.
GalaxyNews: Und was bietet so eine API den App-Entwicklern?
Bastian Hofmann: Man hat als Entwickler überhaupt erst einmal Schnittstellen, um auf den sozialen Graphen der Nutzer zuzugreifen und seine App viral zu verbreiten. Dazu kommen noch jede Menge nette Extras, um dem Entwickler die eine oder andere Sache zu erleichtern, wie zum Beispiel Tab Handling oder eine JSON Library für alle Browser.
GalaxyNews: Wie sehen diese Schnittstellen dann konkret aus?
Bastian Hofmann: Bei OpenSocial gibt es mehrere Möglichkeiten zum Zugriff auf den sozialen Graphen bzw. die Daten der Nutzer. Bei VZ legen wir großen Wert darauf, dass der User bei der Nutzung von Apps immer die volle Kontrolle über seine persönlichen Daten behält. Das funktioniert bei uns über ein einfach zu verstehendes Visitenkartensystem. Neben der JavaScript API, bei der man Daten als Callback zurückgeliefert bekommt, gibt es auch eine REST API, die man einfach über HTTP und OAuth ansprechen kann. So ist über OpenSocial auch ein Zugriff aus einem App Backend oder unabhängig von einer App möglich.
GalaxyNews: Unterstützt OpenSocial auch mobile Endgeräte?
Bastian Hofmann: Das ist jetzt gerade am entstehen: OpenSocial for Mobile. Das Ziel ist, dass ein Entwickler, der seine OpenSocial-Apps auch für Mobilgeräte zur Verfügung stellen möchte, nicht anfangen muss, für jedes Spiel eine eigene iPhone/Android-App zu programmieren. Stattdessen soll er seine Apps weiterhin mit HTML5 und Javascript entwickeln und dabei dieselbe social API benutzen können, wie er es schon vom Web gewohnt ist. Das soll dann auch auf mobilen Endgeräten funktionieren. Die App wird auch weiterhin im Kontext des sozialen Netzwerks angezeigt: Also beispielsweise nicht als eigene iPhone-App, sondern als App innerhalb der iPhone-App des sozialen Netzwerks. Für das iPhone haben wir das sogar schon vor 3-4 Wochen gelauncht. Derzeit bieten wir mobil noch nicht den kompletten Funktionsumfang des Webs, aber die Entwicklung ist hier noch lange nicht abgeschlossen. Außerdem werden in den nächsten Wochen Android und unsere mobile Website als Container folgen.
GalaxyNews: Sobald in einem Spiel Flash zum Einsatz kommt, werden die iPhone-Nutzer wohl nach wie vor in die Röhre gucken.
Bastian Hofmann: Das ist tatsächlich eine Limitierung der Geräte. Man ist hier auf HTML5 und JavaScript beschränkt. Unabhängig davon ist es ist aber problemlos für jede native mobile App möglich mit unserer API über die REST Schnittstelle zu kommunizieren, um soziale Elemente einzubauen.
GalaxyNews: SchülerVZ steht ja bekanntlich - was den Datenschutz angeht - unter besonderer öffentlicher Beobachtung. Wie handhabt ihr hier den Schutz persönlicher Daten?
Bastian Hofmann: Apps oder auch externe Internetseiten können nur auf Daten zugreifen, die der User explizit für diese App freigegeben hat. Wir machen das - wie schon erwähnt - im gesamtem VZ über ein einfach zu verstehendes Visitenkartensystem, das durch zahlreiche Texte und Videos spielerisch erklärt wird. Hierdurch versuchen wir auch, die Nutzer dazu zu erziehen, bewusster mit ihren Daten umzugehen.
GalaxyNews: Im Gegensatz zu Facebook müssen bei euch Apps zudem eine Einlasskontrolle durchlaufen. Auch aus Jugendschutzgründen?
Bastian Hofmann: Ja, bei uns steht Qualität und Sicherheit immer im Vordergrund: Wir wollen unseren Nutzern einen echten Mehrwert bieten und gleichzeitig den hohen Sicherheitsstandard gewährleisten, den der Nutzer im VZ gewohnt ist. Die App muss also inhaltlich und grafisch ansprechend und unter anderem 100% frei von Sicherheitslücken sein. Für schülerVZ kommt natürlich noch ein erhöhter Schutz der jungen Zielgruppe hinzu – alleine durch die rechtlichen Bestimmungen, also den Jugendschutz. So etwas wie eine „Porn-App“ oder dergleichen wird es bei uns also niemals geben – im schülerVZ sowieso nicht, aber auch nicht bei studiVZ oder meinVZ. Zudem haben wir in Deutschland einige rechtliche Bestimmungen, d.h. eine Firma oder ein selbstständiger Gewerbetreibender muss klar ersichtlich dahinter stehen. Dürften bei uns auch Privatpersonen Apps veröffentlichen, hätten wir ganz andere Auskunftspflichten, da wir mit jedem Anbieter eine Geschäftsbeziehung eingehen und Privatpersonen durch das deutsche Gesetz zurecht in diesen Bereichen besonders geschützt sind. Gerade wenn es um Payment oder Revenue Share Modelle geht ist dies wichtig.
GalaxyNews: Nun bieten einige Firmen ihre Social Games gleich auf mehreren Plattformen parallel an.
Bastian Hofmann: Das ist etwas, das wir stark befürworten. Wir sind der Meinung, es kann nicht sein, dass sich ein Anbieter von Social Games allein von einem Plattformbetreiber abhängig macht.
GalaxyNews: Ist es technisch möglich und praktikabel, dass sich Nutzer ganz verschiedener Netzwerke gemeinsam in einer Spielwelt aufhalten?
Bastian Hofmann: Technisch ist das möglich. Man muss schauen, wie die einzelne App das umsetzt. Die meisten Apps, gerade im Social-Bereich, basieren darauf, dass man sie mit Freunden spielt. Das heißt, es ist letztlich limitiert auf den Social Graph in diesem Netzwerk. Wir haben aber auch Apps, die Nutzer verschiedener Plattform interagieren lassen, zum Beispiel Spiele, die stark auf Live-Gaming mit Fremden setzen, etwa Poker-Apps. Man spielt dann Poker über Netzwerkgrenzen hinweg mit Leuten, die von Spieleportalen im Web oder einem anderen Social Network auf das Game zugreifen.
GalaxyNews: Vielen Dank für das Gespräch!