Orientierung in fremdem Gelände, Teil 1
Ein Problem in fast allen Browsergames ist die Übersichtlichkeit der Topografie. Wo sitzt meine Ally, und wo die Gegner? Lohnt sich der Handel, oder ist das zu weit weg? Diese Artikelserie zeigt Wege, um das Dilemma mit den fehlenden Karten zu lösen, und zwar ganz ohne Cheats.
Freitag, 22:00 Uhr
Uff,
es ist geschafft. Ich habe die langweilige Login-Prozedur überstanden,
meine erste Insel ist besiedelt, und endlich habe ich auch eine Allianz
gefunden, die mich aufnimmt. Das heisst Schutz vor stärkeren Feinden,
ich kann also mal gemütlich loslegen mit Bauen und Forschen...
...
Samstag, 9:00 Uhr
So,
dann schauen wir mal, ob die Goldmine endlich fertig ist, damit... hey,
was ist das denn? Drei Überfälle heute Nacht?? Vom selben Spieler? Aber
ich bin doch in einer Ally! DEM schreib ich eine Mail!
...
Samstag, 11:00 Uhr
Ah,
endlich eine Antwort: "hey du fisch! mir doch egal deine ally ist
vierzehn stunden weit weg was sollen die denn machn? muaahaahaaha. du
bist jetzt meine farm!"
So oder ähnlich werden das schon
viele Gamer erlebt haben. Da sucht man sich ein lauschiges Plätzchen in
einem Game, findet eine nette Ally, die einen aufnimmt, und stellt
hinterher fest, dass der Rest der Ally am anderen Ende des Servers
wohnt und einem in 100 Jahren nicht helfen kann.
Was lernen wir
daraus? Wissen ist Macht, Information ist der Weg zum Erfolg.
Allerdings neigen Browsergames nicht unbedingt zur ultimativen
Übersichtlichkeit, da ist der einzelne Gamer gefragt. Wer weiter sieht,
versteht das Game besser. Wer weiss, wo seine Feinde stehen, kann sich
besser verteidigen. Wer weiss, wo seine Freunde sind, weiss, wo er
Schutz und Hilfe suchen kann. Niemandem nützt ein gutgemeintes Bündnis,
das keinem der Partner Schutz und Unterstützung bringt.
Ein Weg zur Vermeidung von fatalen Informationslücken ist die Erstellung von Karten. Das haben die alten Ägypter gemacht, das hat bei Kolumbus funktioniert, und bei Browsergames geht das eben auch. Klar, ist ein Bisschen Arbeit, bringt aber auch einen Haufen an Übersicht, nicht nur für einen selbst, sondern für die ganze Allianz.
Aber wie geht man an so etwas heran? Karten, wie jetzt? Was für Werkzeuge habe ich denn? Wie geht sowas? Ist eigentlich alles ganz einfach... Wir werden in dieser dreiteiligen Serie lernen, wie man eine Karte erstellt, die uns in einem Browsergame erheblich mehr Übersicht verschafft als das Spiel von sich aus bietet, und uns damit das (Über-)Leben im Game sehr erleichtert...
Der erste Teil beschäftigt sich mit den Grundlagen. Was ist eine Karte, was muss alles in der Karte stehen, und was lasse ich lieber draussen. Im zweiten Teil betrachten wir die Werkzeuge, die wir für die Erstellung der Karte benötigen, und beschäftigen uns mit verschiedenen Bildformaten. Teil drei geht dann auf die Herstellung und Bearbeitung der Karte ein, hier machen wir unsere Beispiel-Karte.
1. Teil: Grundlagen.
Was ist das denn eigentlich, eine Karte?
Eine Karte ist ein Abbild der Wirklichkeit, eine Darstellung raumbezogener Daten in einem vereinfachten Modell. Ich stelle also etwas so dar, dass ich es besser und übersichtlicher begreifen kann. Die ältesten gefundenen Karten sind etwa 8000 Jahre alt und waren an Höhlenwände gemalt. Weil die Höhlen aber so schlecht zu transportieren waren, ist man mittlerweile dazu übergegangen, Karten vor allem auf Papier zu zeichnen, wie dieses schöne Exemplar hier, die Ebstorfer Weltkarte von 1235.
Ebstorfer Weltkarte, (c) Public Domain
Was stelle ich in einer Karte dar?
Na, das, was wichtig für mich ist. Zum Beispiel die millimetergenaue Lage von Gebäuden auf Grundstücken in einer Katasterkarte (nennt man auch Lageplan).
Flurkarte (c) C. Franke
Oder einen Stadtplan.
Ortsplan (c) C. Franke
Oder die Lage meiner Insel auf dem Server.
(c) S. Schramm, www.inselkampf.de
Und was muss in einer guten Karte alles drin sein?
Das hängt natürlich davon ab, was ich darstellen will. Drei Punkte sollte ich bei einer Karte immer beachten:
- Genauigkeit: Falsche Karten führen in den Untergang. Mit falschen Karten bombardiert man schon mal die chinesische Botschaft statt einer Kaserne, oder fährt ins Hafenbecken statt an die Mole.
- Verständlichkeit: Nicht nur ich sollte in der Lage sein, die Karte zu lesen, sondern auch andere. Also muss eine Zeichenerklärung dran (eine sogenannte Legende). Ich sollte mir überlegen, welche Infos in der Karte wichtig sind und welche ich weglassen kann.
- Grafik und Ästhetik: Die Karte soll nicht schreiend bunt sein, 20 Verschiedene Schriftarten enthalten oder wild blinken und auf- und abhüpfen. Und wenn meine Karte zum Weinen aussieht, wird sie wohl niemand benutzen.
Was ich in eine Karte einfügen KANN, ist folgendes:
- Den Karteninhalt, also meine Inseln/Planeten;
- Den Kartenrand, also einen Titel, einen Nordpfeil, ein Koordinatengitter und ähnliches;
- Die Legende, also die Zeicherklärung zu meiner Karte;
- Den Massstab (also 1 : 1000 o. ä.);
- Den Autor, also mich selbst.
Sonst noch was?
Nee, erstmal nicht. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Werkzeugen, die wir zur Kartenerstellung verwenden, also einem Zeichenprogramm und den zugehörigen Bildformaten und der Erstellung einer topografischen Übersicht.