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Vorwärts in die Vergangenheit: Old-School als neue Spielezukunft?

Vorwärts in die Vergangenheit: Old-School als neue Spielezukunft?

Old-School-Spiele feiern aktuell große Erfolge. Bewegen wir uns zurück in die "gute alte Zeit" oder ist dies nur ein temporäres Phänomen?

Seit den 1990er-Jahren haben die Computerspiele viele große Schritte nach vorne gemacht. Nicht nur in Sachen Grafik. Das Single-Player-Erlebnis entwickelte sich zu einem Online-Gruppenspiel. Kämpfe werden actionmäßig in Echtzeit ausgefochten anstatt taktisch rundenweise. Anstatt in Rollenspielen eine Party von mehreren Helden zu verwalten, ist man alleine unterwegs.

Doch aktuell zeichnet sich eine Art Rückkehr in die "gute alte Zeit" ab. Während immer mehr große Publisher auf den Erfolg von beispielsweise The Elder Scrolls V: Skyrim mit seinem Open World-First-Person-Action-Spielerlebnis oder den bewährten Spielmechanismus eines cineastischen Call of Duty setzen sowie weiterhin versuchen auf den World of Warcraft-Zug aufspringen, haben kleinere Unternehmen und Independent-Entwickler aktuell große Erfolge damit, zu den "Wurzeln" zurückzukehren.

Anstatt auf eine 3D-Egosicht mit actionreichen Kämpfen zu setzen, bietet etwa Obsidian Entertainment mit dem über Crowdfunding sehr erfolgreich finanzierten Rollenspiel Project Eternity eine 2D-Isosicht mit taktischen Partykämpfen, ähnlich wie dies bereits der Klassiker Baldur's Gate aus dem Jahr 1998 bot. Richard Garriott kehrt mit seinem Onlinespiel Shroud of the Avatar ebenfalls zu alten Tugenden zurück und will eine Single-Player-Erfahrung mit Multiplayer-Elementen mischen. Wasteland 2, Nachfolger des Kult-Rollenspiels aus dem Jahr 1987 setzt ebenfalls auf eine isometrische Perspektive und taktische Gruppenkämpfe. Tim Schafer, der an bekannten Adventures wie The Secret of Monkey Island gearbeitet hat, konnte sein neues - noch namenloses - Spiel ebenfalls über Kickstarter sehr erfolgreich finanzieren - obwohl es sich um ein Old-School-Adventure handelt - ein Genre, dem große Publisher keine Zukunft mehr vorausgesagt hatten.

Alle Spiele wurden innerhalb kürzester Zeit finanziert, das Feedback der Fans ist extrem positiv. Nostalgische Gefühle und die Erinnerung an das damalige Spielerlebnis spielen hier sicher eine große Rolle. Das gibt der Industrie natürlich zu denken. So kündigte Ubisoft mit Might & Magic X: Legacy ein neues Rollenspiel der Serie an, das nicht wie zuerst vermutet entweder ein MMORPG oder ein Open World-Titel ähnlich Skyrim wird. Stattdessen hat man sich offenbar am Erfolg der Old-School-Rollenspiele orientiert und bietet eine Spielerfahrung an, welche die Might & Magic-Serie zuletzt in den 1990er-Jahren bot: Rundenbasierte Kämpfe, schrittweise Erkundung der Spielewelt und eine Heldengruppe anstatt eines einzigen Charakters. Die Fans sind begeistert.

Auch Daedalic, eigentlich bekannt für schöne und lustige Adventures wie Deponia oder Edna bricht aus, kündigte mit Blackguards ein klassisches Rollenspiel mit rundenbasierten Kämpfen und Party an, welches im Das Schwarze Auge-Universum angesiedelt ist.

Befinden wir uns wirklich auf dem Weg zurück in die Vergangeheit oder ist das nur ein temporäres Phänomen? Dass in Zukunft komplett auf AAA-Spiele verzichtet wird, kann man auschließen. Große Publisher werden weiterhin Millionen in riesige Spieleprojekte investieren. Beispielsweise soll Electronic Arts' und Biowares Dragon Age 3 ein Open World-Rollenspiel im Stil von Skyrim werden. Auch große MMORPGs werden weiterhin entwickelt, genau wie neue Spiele in der bewährten Call of Duty-Serie.

Doch gerade mit dem Erfolg klassischer Spiele, die durch Crowdfunding finanziert wurden, könnte Old-School ein Revival erfahren und sich so zumindest als Nische etablieren. In Zukunft werden wir daher vielleicht noch mehr solcher klassischer Spielideen in neuem Gewand erleben können. Denn manchmal müssen Computerspiele für eine erfolgreiche Zukunft nicht nur mehrere Schritte nach vorne, sondern auch mal den einen oder anderen Schritt zurück machen.

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