Durch Teamplay überleben
In der Apokalypse ist sich jeder selbst der Nächste? Quatsch! Gegen Armeen von Zombies hilft nur ein ausgeklügeltes Miteinander. Denn jede überlebte Nacht ist ein Sieg. Auf Egoisten wartet der Galgen.
Als die Entwickler von Motion Twin vor knapp zwei Jahren das Spiel „Hordes“ veröffentlichten, schufen sie damit eine echte Neuheit auf dem französischen Browserspielemarkt. Survival-Games gab es bis dato nur als kurzweilige Singeplayer-Flashgames. Nun wurde die Idee erstmals auf den Bereich der MMORPGs übertragen. Ganz unriskant war dieses Experiment nicht. Onlinegames leben doch gerade davon, dass der Spieler seine erspielten Besitztümer auch eine Weile behalten darf. Warum sollte es Spielern plötzlich Spaß machen, alle paar Tage den Löffel abzugeben und von vorne beginnen zu müssen?
Inzwischen wissen wir: Der Plan ging auf. Die Veröffentlichung im deutschen Sprachraum nahmen wir nun zum Anlass, das französische Erfolgsprojekt auf Herz und Nieren zu testen. „Die Verdammten“, wie die deutsche Version getauft wurde, hat nämlich noch immer kein bisschen von seiner Einzigartigkeit eingebüßt.
Wir starten mehr oder weniger zufällig in einer der zahlreichen Städte, die sich unabhängig voneinander gegen die Zombiehorden zur Wehr setzen. 39 Spielern, denen wir noch nie zuvor begegnet sind, sollen wir plötzlich unser (virtuelles) Leben anvertrauen. Saboteure haben es denkbar einfach, die ganze Gemeinschaft zu zerstören.
Wir können uns als Frischling zwar zuerst einmal ein eigenes Häuschen errichten, der Stadt hilft das allerdings reichlich wenig. Daher gilt: Gefundene Gegenstände werden generell sofort in die öffentliche Stadtbank gelegt. Das wirkt anfangs noch sehr befremdlich. Etwas anderes bleibt uns aber nicht übrig. Denn von der Gemeinschaft Hand in Hand errichtete Gebäude und Verteidigungsvorrichtungen sind um ein vielfaches effektiver als die eigenen vier Wände.
All diese Aktionen werden in einem recht textlastigen, aber doch einwandfrei strukturierten und mit hübschen Grafiken bebilderten Interface getätigt. Interessanter wird es hingegen in der Außenwelt. Hier bewegen wir uns nach Durchschreiten des Stadttores in einem kleinen Flash-Ausschnitt durch die einzelnen Sektoren. In jedem Sektor können für den Stadtausbau wichtige Ressourcen gefunden werden – oder aber gefährliche Zombies, die uns am liebsten sofort den Kopf abbeissen würden. Sind wir in der Unterzahl, muss sofort Verstärkung her. Hierzu sind Absprachen über das Ingame-Forum unentbehrlich. Selbiges gilt im Übrigen für die gesamte Stadtkoordination. Einzelkämpfer gehen unter. Ob alleine in der Wildnis, von der Gemeinschaft gelyncht am Galgen oder als ausgeschlossener Verbannter.
In einer derartigen, zufällig zusammengewürfelten Stadt gibt es erfahrungsgemäß immer mehrere alte Hasen, die seit der Betaphase dabei sind und so etwas wie eine Anführerrolle übernehmen. Das ist auch gut so. Denn für Neulinge ist es zuerst einmal sehr verwirrend, welche Gebäude denn nun als erstes gebaut werden sollten, welche gemeinsamen Expeditionen wohin durchgeführt werden, was der Gemeinschaft am meisten hilft.
Täglich um Mitternacht ist der Höhepunkt des Spieltages angerückt: Der Angriff der Zombiehorden. Nun hilft nur noch Daumen drücken. Denn jeden Tag werden es mehr und mit jedem Tag sind sie hungriger. Wurden die Stadttore rechtzeitig geschlossen, reicht im Idealfall bereits die durch Gebäude und Verteidigungsvorrichtungen aufaddierte Verteidigungswertung aus, um die Zombies aufzuhalten. Sind sie nämlich erst einmal in der Stadt, versetzen sie die in ihren Häusern verbarrikadierten Spieler wortwörtlich in eine Angststarre... mit ausgesprochen negativen Folgen für den weiteren Spielverlauf. Können hingegen selbst die eigenen vier Wände dem Ansturm nicht mehr standhalten: Game Over! So hart ist das Leben in „Die Verdammten“.
Durch (Meta-)Koalitionen ist es später möglich, eine Stadt komplett mit Freunden zu besetzen. In der etablierten, französischen Version werden durch akribisch abgesprochenes Teamplay bereits wahre Rekorde an überlebten Tagen aufgestellt. 40 Tage und mehr – laut dem deutschen Admin Dayan inzwischen keine Seltenheit mehr. Als Neuling hingegen sind wir schon froh, 5 Tage überlebt zu haben. Denn man wird förmlich erschlagen von den vielen Items und Möglichkeiten. Ein kurzes Toutorial schafft dem nur zu Teilen Abhilfe. Die offizielle Spielhilfe ist sehr ausführlich, gibt aber dennoch wenig konkrete Tipps für den Anfang.
Mit der Zeit hingegen drängt sich eine ganz andere Frage auf: Ist es auf Dauer noch motivierend, nach jedem Tod die gleiche Aufbauphase durchlaufen zu müssen? Mit welchem Ziel kämpft man sich zu immer höheren Punktezahlen durch? Die Antwort, eine viele neue Features mit sich bringende Rangliste, wird voraussichtlich diesen Dienstag in das Spiel integriert werden.
Aber auch jetzt gilt bereits: Das Streben nach DER Topleistung, danach, DAS Topteam zu sein, ist die Motivation hinter den fast schon an E-Sport-Gilden erinnernden Spielergemeinschaften in „Die Verdammten“. Im Spieleralltag ist es völlig irrelevant, wie lange man in einem vergangenen Leben ausharrte. Weder verschafft es dauerhafte Vorteile, noch gibt es besondere, auf den ersten Blick sichtbare Anerkennungen. Vielleicht ist gerade das das Faszinierende an diesem jegliche Vorstellungen klassischer Browsergames sprengenden Projektes.
Fazit „Die Verdammten“ ist eines dieser Spiele, die beweisen: Es gibt noch immer neue Ideen. Technisch gesundes Mittelmaß, kann das wahrscheinlich erste wirkliche Survival-Browsergame vor allem mit spielerischen Innovationen punkten. Das aufgezwungene Teamplay mag vielleicht nicht jeden auf Anhieb vom Hocker reißen, doch überzeugte Multiplayer gibt es schließlich genug. Wir sind gespannt, ob „Die Verdammten“ auch im deutschsprachigen Raum einen kleinen Hype auslösen kann. |